Chronik

Das älteste Bild im Archiv des Schützenvereins aus dem Jahr 1909. Aufgenommen vor dem Elternhaus der damaligen Königin Franziska Knop (Schnieder), heute Hauptstraße 37.

Die Anfänge des Schützenvereins Stirpe 1846 e. V. liegen leider im Dunkel der Geschichte. Erst nach dem zweiten Weltkrieg führten die jeweiligen Vorstände über ihre Sitzungen und die Jahresereignisse genau Buch. Eine Zeitungsannonce aus dem Jahr 1846 ist der älteste Nachweis eines Schützenvereins in Stirpe, welche von Wolfgang Marcus aus Bad Westernkotten im Stadtarchiv Erwitte gefunden wurde. Darin heißt es: „Den 23. August findet ein Scheibenschießen nach der Ringscheibe bei Tiete in Stirpe statt. Den 30. und 31. August wird das Männer Stützenfest und auch zugleich ein Scheibenschießen bei Tiete zu Stirpe veranstaltet. Der Schützen-Verein.“

Die erste Satzung des Schützenvereins stammt aus dem Jahr 1861. Diese wurde von dem langjährigen Vorsitzenden des Erwitter Heimatvereins, Willi Mues, im Archiv der Kreisverwaltung Lippstadt entdeckt. Ab 1858 mussten alle Vereine, die ein Schützenfest feiern wollten, eine Genehmigung der örtlichen Polizeibehörde einholen. Gleichzeitig hatte man die Statuten vorzulegen. Alle bis dahin gültigen Bestimmungen wurden dadurch nichtig. Viele Vereine, so wohl auch der Schützenverein in Stirpe, haben erst durch die behördliche Verfügung erstmals Statuten bekommen.

Die ältste Fahne des Schützenvereins, wahrscheinlich um 1900.

Aus dem Jahre 1864 stammt die Königskette des Vereins. Seitdem wird der amtierende König mit dieser Kette als Zeichen seiner Regentschaft ausgezeichnet. Dieses Schmuckstück erlebte besonders nach dem zweiten Weltkrieg eine bewegte Geschichte. 1946 versuchte ein Beauftragter der damaligen Militärregierung den Besitz des Vereins, wie Königskette, Fahne und Degen zu beschlagnahmen. Durch schnelles Handeln des damaligen ersten Vorsitzenden Andreas Wübbe wurde dies vereitelt. Er lagerte die Fahne und die Degen auf dem Gewölbe der Kapelle. Die Königskette wickelte er in Ölpapier ein und vergrub sie hinter dem Kapellenturm. Nur Dank seines Einsatzes ist unser Schützenverein noch heute im Besitz dieser einmaligen Insignien.

Königspaar 1927-1928 Fritz Vogel und Paula Löser mit Hofstaat

Bis zum ersten Weltkrieg wurde jährlich, ab und zu auch nur alle zwei Jahre, das Schützenfest gefeiert. Anhand der Königsorden an der Königskette sind wir heute in der Lage, eine fast lückenlose Abfolge der Regenten des Schützenvereins nachzuweisen. Nachdem 1914 das letzte Mal vor dem ersten Weltkrieg ein Schützenfest gefeiert wurde, fanden sich die Schützen in Stirpe 1920 zum ersten Schützenfest nach dem Krieg wieder zusammen. Aufgrund der inflationären Entwicklung zu Beginn der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts und der wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu dessen Ende wurde in dieser Zeit meistens nur alle zwei Jahre in Stirpe das Schützenfest gefeiert. Trotz der knappen Mittel wurde 1924 die heutige Traditionsfahne des Vereins angeschafft. Die Schutzpatronin der Kapelle in Stirpe, die heilige Agatha, ziert die Fahne.

Während der NS- Zeit ab 1933 wurde zwar jedes Jahr bis 1939 Schützenfest gefeiert, alle Vereine wurden jedoch gleichgeschaltet. Zudem wurde das sogenannte Führerprinzip eingeführt. Danach hatte der Oberst die alleinige Vereinsführung inne, in seinem Ermessen lag die Berufung der anderen Offiziere. Freie Wahlen zu den verschiedenen Ämtern fanden nicht mehr statt.

Bekanntes Bild aus den 1950er Jahren: Oberst Wilhelm Knop-Schnieder und seim Adjutant zu Ross.

Im Jahr 1948 lebte das traditionelle Schützenfest wieder auf. Heinz Husemann hieß der erste König nach dem 2. Weltkrieg. Als Besonderheit in die Analen des Vereins ging 1948 hier wie auch bei allen anderen Schützenvereinen das Vogelschiessen ein. Der Aar musste mit der Armbrust erlegt werden, da das Schiessen mit scharfer Munition noch verboten war. Ein Bericht aus diesem Jahr gab den Verlauf wie folgt wieder:

Das Jahr 1945 brachte mit dem militärischen Zusammenbruch unseres Vaterlandes und der sich daraus ergebenden Besatzung durch die Feindmächte, auch das Verbot sämtlicher Schützenvereine mit sich. Die Vermögen dieser völlig unmilitärischen Vereine wurde beschlagnahmt und bis heute noch nicht wieder freigegeben. Der Schützenverein Stirpe verlor dadurch sein Barvermögen.


Im Jahre 1947 zeigten sich die ersten Ansätze zu einer neuen Belebung der alten Tradition. Vorerst scheiterten jedoch alle Bemühungen am Widerstand der zuständigen Besatzungsmächte. Endlich wurde im Jahre 1948 die Gründung des Heimatschutzbundes oder die Gründung der Sebastianusbruderschaften gestattet, deren Satzungen diesem Schreiben angeheftet sind. Nach einer vom Vorstand des aufgelösten Schützenvereins einberufenen Generalversammlung entschieden sich alle Anwesenden für die Gründung des Heimatschutzvereins.


Dadurch wurde uns die Möglichkeit gegeben, das alte Schützenfest als wahres Volksfest zu ersten Male nach neunjähriger Unterbrechung zu feiern. Es wurde beschlossen, das Fest am Sonntag nach Pfingsten, dem Dreifaltigkeitssonntag zu feiern. Unter vielen Mühen wurde trotz der Schwere der Zeit ein Fest vorbereitet. Hier beteiligte sich vor allem der 1. Vorsitzende des früheren Schützenvereins Herr Andreas Wübbe und der größte Teil der alten Schützenbrüder. Aber auch die Jugend ließ nichts unversucht, um das Fest zu einem wirklichen Volksfest zu gestalten. Der Bauer Friedrich Husemann stiftete eine neue Vogelstange.


Am 22. Mai war nun der Tag gekommen, wo mit üblichen Zapfenstreich das Fest seinen Anfang nahm. Um 19.00 Uhr versammelten sich sämtliche Vereinsmitglieder auf dem Festplatz der Wirtschaft Wördehoff. Gemäß alter Sitte und Brauch wurde der Vogel aufgesetzt und eine Generalprobe für den nächsten Tag abgehalten. Mit einem gemütlichen Beisammensein und Tanz schloss der erste Abend.


Am Sonntag den 23.05.48 trat der Verein unter Führung des Obersten Franz Wördehoff, seines Adjutanten Wilh. Knop-Schnieder, des Hauptmanns vom 1. Zuge Theodor Stratmann und des Hauptmanns vom 2. Zuge Willy Knoop um 14.00 Uhr zur Abholung der Fahne, des von der Königin-Witwe Elli Knoop erwählten neuen Königs Heinrich Klegrewe und der Königin an. Es sei besonders bemerkt, dass selten eine so große Beteiligung aller Kreise stattgefunden hat, wie bei diesem 1. Nachkriegsschützenfest. Ein langer und stattlicher Zug bewegte sich durch die Straßen des Dorfes um abschließend in der Weide des Bauern Th. Bracht die Parade abzuhalten. Sämtliche Offiziere trugen trotz Waffenverbot die üblichen Degen. Nach Abschluss der Parade bewegte sich der Zug zurück zum Festplatz. Nach Freigabe des Tanzzeltes eröffnete der Königstanz das gemütliche Beisammensein. Der Andrang auswärtiger Gäste war so stark, wie es bei keinem Fest vor dem Krieg zu verzeichnen war.


Die Feierlichkeiten am Montag begannen mit einer hl. Messe für sämtliche gefallenen, vermissten und verstorbenen Schützenbrüder. Am Kriegerehrenmal hielt der Ehrenoberst Franz Möllers eine Gedenkrede für die vermissten und gefallenen Mitglieder des Vereins aus dem I. und II. Weltkriege. Nach dieser Ehrung marschierte der gesamte Schützenzug zum Sportplatz um dort das Vogelschießen vorzunehmen. Da es nicht gestattet war, mit Gewehren, wie früher den Vogel abzuschießen, bediente man sich wie im Mittelalter mit einer Armbrust. Nach heißem Wettstreit errang Heinz Husemann vor den anderen Bewerbern die Königswürde. Er erwählte sich Frl. Gertrud Knop-Flocke zu Königin. Nachdem der neue König und seine Gemahlin gekrönt waren, brachte man den beiden Silberkönigen Th. Bracht und Carl Wördehoff ein Ständchen dar. Beide marschierten hinter dem neuen König am Nachmittag im Festzuge mit. Nachmittags um 15 Uhr antreten um wie am Vortage Fahne, König und Königin mit Hofstaat abzuholen. Nach Abschluss der großen Parade wurde der Schützenzug auf den Festplatz geführt und nach dem Königstanz aufgelöst.


Am Abend um 21 Uhr fand die große Polonaise statt, an der allein 200 Paare teilnahmen. Der Schützenbruder und Silberkönig Carl Wördehoff hielt anschießend eine Rede, in der auf den tiefen Sinn dieses Heimatfestes hinwies. Die rege Beteiligung aller Ostflüchtlinge und Evakuierten sei besonders erwähnt. Das Fest nahm einen ruhigen und würdigen Verlauf. Es schloss sich würdig des früheren Festen an und endete am Dienstagmorgen um 4 Uhr. Die Altengeseker Feuerwehrkapelle und die Knüppelmusik von Anröchte hat nicht geringen Anteil an dem guten Gelingen dieses Festes.

Bericht des Heimatschutzvereins (Schützenverein) Stirpe über das vom 22.05. – 24.05.1948
abgehaltene traditionelle „Schützenfest“.
Parademarsch aus den 50er Jahren: Die Schützen marschieren durch die Wiese Bracht-Densker auf die heutige Parkstraße zu.

1961 wurde die zweite Fahne des Vereins mit dem Bild des Erzengels Michael feierlich geweiht. 1981 entschloss man sich, die Fahne von 1924 durch eine neue Fahne zu ersetzen um die Traditionsfahne zu schonen und damit noch lange zu erhalten. Die neue Fahne zeigt auf der einen Seite die heilige Lucia, die Schutzpatronin der Weckinghäuser Kapelle, auf der anderen Seite ist der Stirper Schützenadler von 1872 dargestellt.

Seit dem Jahr 1970 feiern die Stirper Schützen einen Winterball. Möglich wurde dies durch den neu erbauten Saal des Hauses Vogel. Hier bot sich endlich der erforderliche Platz, ein solches Fest im gebührenden Rahmen veranstalten zu können. Seitdem gehört der Winterball zum festen Bestandteil des Terminkalenders in Stirpe.

Winterball 1979 mit dem Königspaar Karl Wördehoff und Monika Wübbe

Der Winterball wird traditionell durch den Einmarsch des Königspaares mit Hofstaat eröffnet. Im Anschluss können sich alle Festgäste an der Adjutantenrede erfreuen. Dabei lässt der Adjutant in humorvoller Weise das vergangene Jahr Revue passieren, wobei insbesondere kleinere oder auch größere Fehltritte der Vorstandkollegen dem Schützenvolk mitgeteilt werden.

Kinderkönigspaar aus dem Jahr 1977: Christa Knoop und Andreas Husemann

Das Schützenfest wurde immer auf wechselnden Festplätzen, in Wiesen von verschiedenen Landwirten, ausgerichtet. 1975 wurde erstmals auf dem eigenen Schützenplatz am Brookweg das Schützenfest gefeiert. Die Fläche hierzu wurde z. T. vom Verein erworben, z. T. langfristig von der damaligen Gemeinde Stirpe angepachtet. Die Herrichtung des Platzes wurde in Eigenleistung vorgenommen. Dabei wurde ein Teil der Fläche mit Rasen angesät um das Zelt dort aufzubauen, der restliche Platz wurde geteert um als Antreteplatz, für Paraden und Stände einen geeigneten und insbesondere wetterfesten Untergrund zu bieten.
Seit 1977 wird in Stirpe auch ein Kinderschützenfest gefeiert, welches unter der Regie des Schützenvereins stattfindet. Um nicht zu viel Veranstaltungen gerade in den Sommermonaten im Dorf stattfinden zu lassen, wird dieses Fest oftmals in Verbindung mit anderen Vereinen ausgerichtet und organisatorisch in Veranstaltungen dieser Vereine eingebunden.

Kinderkönigspaar 2005-2008: Kevin Peitz und Tessa Husemann mit Hofstaat und Kinderoberst Tom Wördehoff (rechts)

Ebenfalls zeichnet sich der Schützenverein Stirpe verantwortlich für den Rosenmontagsumzug. Dieser Umzug ist aus einem Umzug der Grundschulkinder erwachsen. Der Schützenverein organisierte die musikalische Begleitung für den Umzug, immer mehr Erwachsene schlossen sich an und als Ziele dieses Umzuges schaute man sich das Königspaar, das Kinderkönigspaar, den Oberst, die Stirper Gastronomen und Möllers Mühle aus. Motivwagen wurden schnell gebaut und so entwickelte sich auf Rosenmontag in Stirpe ein richtiger Straßenkarneval, an dem das ganze Dorf auf den Beinen ist und aktiv im Umzug mitmacht. Seit 2014 wird der Karnevalsumzug mit großem Erfolg am Karnevals-Sonntag veranstaltet, um den Teilnehmerschwund entgegen zu wirken.

Karnevalsumzug in Stirpe 2011